Donnerstag, 18. September 2008

Sentiment-Index: Indikator für die "Stimmung" des Marktes

Wie viele andere vertrete auch ich die These, dass das Auf und Ab der Finanzmärkte nicht nur von den Fundamentaldaten sondern zu einem wesentlichen Teil auch von der "Stimmung" des Marktes, dem sogenannten Sentiment, beeinflusst wird.

Ein Indikator, der dieses Marktsentiment abbilden und somit quantifizierbar machen soll, ist der sogenannte Bull/Bear-Index, der seit August 2002 von cognitrend im Auftrag der Deutschen Börse ermittelt wird. Dazu werden 150 institutionelle Investoren wöchentlich befragt, wie sie die Entwicklung des DAX im Laufe der nächsten vier Wochen einschätzen und anschließend einer der drei Kategegorien Bullish/Neutral/Bearish zugeordnet.

Hier einmal der Verlauf dieses DAX-Sentiments für die letzten zwei Jahre:



Interessant ist jetzt natürlich die Frage, ob dieser Indikator denn tatsächlich die Entwicklung des Marktes antizipiert, d.h. ob die Einschätzung der Marktteilnehmer zutreffend ist.

Dazu habe ich im Folgenden einmal den Sentiment-Index (rot/grün) gemeinsam mit der Differenz [Stand DAX 4 Wochen nach der Befragung] - [Stand DAX zum Zeitpunkt der Befragung] (grau) abgetragen:



Die Grenze zwischen "positiven" (grün) und "negativem" (rot) Sentiment wurde bei 65% festgelegt, da dies die höchste Korrelation zwischen positivem Sentiment und DAX-Anstieg ergibt.

Hier ist vielleicht ein kurzer Exkurs zur Berechnung des Bull/Bear-Index angebracht: Ein Wert von 65% bedeutet im Falle des DAX-Sentiments, dass der Anteil der Bullen im Markt 27 Prozentpunkte höher liegt als der der Bären (z.B. 51% Bullish, 25% Neutral, 24% Bearish).

Für den in ähnlicher Weise ermittelten TecDAX-Sentiment (im Unterschied zum DAX werden hierfür jedoch zusätzlich 150 "Heavy Trader" aus dem Privatkundenbereich in die Untersuchung einbezogen) bedeutet ein Wert von 65%, dass der Anteil der Bullen 21 Prozentpunkte höher liegt als der der Bären. Warum hier eine unterschiedliche Skalierung Anwendung findet, ist mir unklar.

Aber wie dem auch sei, bei einem Schwellenwert von 65% ergibt sich mit 0,18 die maximale Korrelation zwischen Sentiment und tatsächlicher Marktentwicklung, ein Indiz für eine gewisse Abhängigkeit zwischen den beiden Größen. Betrachtet man nun allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass das Sentiment die Richtung der Marktentwicklung vorhersagt, gibt sich ein eher ernüchterndes Bild: die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Sentiment über 65% der Markt steigt bzw. bei einem Wert unter 65% der Markt sinkt, liegt bei 46% und ist damit geringer als bei einer zufälligen Vorhersage!

Nun lässt sich argumentieren, dass die Investoren eventuell besser die kurzfristige Marktentwicklung als die der nächsten vier Wochen bewerten können. Vergleicht man das Sentiment daher mit der Veränderung des DAX im Vergleich zur Folgewoche, sinkt die maximale Korrelation sogar weiter auf 0,08 und die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Tendenz bleibt mit 47% weiterhin unter 50% (der Schwellenwert für ein "positives" Sentiment liegt in diesen Fall bei 64%).

Eine weitere Möglichkeit, die ich in Betracht gezogen habe: nicht der absolute Wert des Sentiments ist ausschlaggebend, sondern die Veränderung zur Vorwoche. Um dies zu untersuchen, habe ich die Veränderung des Sentiments mit der Marktänderung in den folgenden vier Wochen verglichen: Die Beobachtungen sind nahezu unkorreliert (0,03), die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Tendenz steigt jedoch mit 50,5% erstmals über die 50%-Grenze.

Wählt man wie zuvor als Vergleichszeitraum eine statt vier Wochen, so die Korrelation der beiden Größen mit -0,04 sogar leicht antikorreliert, die Wahrscheinlichkeit für eine korrekte Vorhersage rutscht mit 47% wieder unter die 50%-Grenze.

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