Montag, 24. Mai 2010

"Herzflimmern der Börse": Traue keiner Statistik ...

Die FAZ hat am 18. Mai einen Artikel mit dem spannenden Titel "Das Herzkammerflimmern der Börse" veröffentlicht. Aus dem einleitenden Absatz wird bereits deutlich, was den Lesern zu erwarten hat:
"Die irrwitzigen Schwankungen der Aktienkurse sind nicht so rätselhaft, wie oft behauptet wird. Wo die schnellsten Computer der Welt als Spekulanten agieren, gerät der Finanzmarkt ins Netz der räuberischen Algorithmen."

Den reißerischen Ton könnte man dem Autoren noch verzeihen - zu seiner Entschuldigung sei angemerkt: der Beitrag erschien in der Rubrik Feuilleton - nicht jedoch die begleitende Grafik, die auf den ersten Blick dramatisch erscheint, bei genauerer Betrachtung jedoch einer versuchten Verdummung des Lesers gleichkommt:

(c) 2010 FAZ

Denn in der Beschreibung steht, dass die Grafik die absoluten Änderungen des Dow Jones darstellt. Dazu muss man sich vor Augen halten, dass der Dow Jones nicht schon immer bei seinen rund 10.000 Punkten steht, sondern im Oktober 1928 bei gerade mal 240 Punkten. Das heißt ein Tagesverlust bzw. -gewinn von 100 Punkten, heutzutage beinahe täglich zu beobachten, hätte damals eine prozentuale Änderung von 42% bedeutet!

Aber hat denn die Nervosität am Markt in den letzten Jahren zugenommen, wie es der Autor mit dieser Grafik impliziert?

Schauen wir uns dazu einen deutlich breiter aufgestellten amerikanischen Aktienindex an, den S&P 500. Würde man die absoluten Wertänderungen abtragen, ergäbe sich ein Bild sehr ähnlich zu dem in der FAZ:



Betrachten wir uns nun jedoch die relativen, d.h. prozentualen, Änderungen von einem Tag zum nächsten. Dann zeigt sich ein ganz anderes Bild:



Diese macht natürlich deutlich weniger her, scheinen sich doch die täglichen Ausschläge seit den 50ern Jahren nicht wirklich verändert zu haben.